Ein letzter Tag und eine Liebeserklärung
- thistle-bagpipe
- 29. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Apr.

Es ist der letzte Tag in Oban, und wir stehen vor der Herausforderung, die letzten Pfund auf den Kopf zu klopfen – nicht, dass ich sie vorher nicht schon ordentlich durchgeschüttelt hätte! Der Rucksack quillt über mit Shortbread, hübschen Dosen und T-Shirts, aber hey, sie sind ein Stück Schottland, und das zählt schließlich doppelt. Man könnte sagen, ich habe den typischen Touristentand mit einer Prise Emotionen gewürzt – ein bisschen wie die Muscheln, die ich mir gleich gönnen werde.

Am Hafen gibt es frisches Seafood, die Fänge der letzten Nacht. Ich bestelle mir ein paar Muscheln in Weißwein-Knoblauchsud, und ich muss sagen, das ist eine Kunst für sich!

Es ist schon eine Herausforderung, Muscheln so zuzubereiten, dass sie nicht nach fadem Meerwasser schmecken. Diese hier haben richtig Bums! Sie schmecken keineswegs fischig oder wässrig – eher wie ein kulinarisches Feuerwerk.

Nach diesem Hochgenuss geht es noch einmal in den Tesco, um uns mit Proviant für die Rückreise einzudecken. Natürlich dürfen die schottischen Haferflocken nicht fehlen – denn wie ich am ersten Tag festgestellt habe, schmecken die im Porridge irgendwie mehr nach Schottland.
Nach dem Einkauf und dem darauffolgenden Packstress folgt eine kurze Nacht. Die Fahrt zur Fähre wird zur Hälfte verpennt – ich kann nur hoffen, dass ich nicht im Traum vom Zoll verfolgt werde, der mir meine Shortbread-Dosen abnehmen will, aber Kekse darf man ja (hoffentlich) mitnehmen (seit dem EU-Austritt gibt es so viele irre und wirre Regularien, dass wahrscheinlich dort auch keiner mehr durchsieht). In den Zeiten wo ich wach bin, sauge ich die schottische Landschaft noch einmal auf wie ein Schwamm, jedes noch so kleine Detail brennt sich auf meiner Festplatte ein um es nie wieder zu vergessen. Der Himmel weint ein wenig heute, vielleicht weil wir abreisen...aber auch dieses Wetter gehört einfach zu Schottland und ist ein Teil seiner Magie.


Zwischendrin halten wir noch einmal in Falkirk bei den Kelpies an. Diese majestätischen Pferde aus Metall, sie heißen übrigens Baron und Duke, sind immer wieder ein Hingucker.

An der Grenze zu England packe ich wehmütig die Pipe aus und spiele „Flower of Scotland“ zum Abschied. Die älteren Damen, die neben uns parken, scheinen sich darüber zu freuen und zücken gleich das Handy. Aber sie haben mich gefragt, ob es ok sei.

In England kommen wir am Bamburgh Castle vorbei, einem mords-Kasten auf einem Berg. Kurzentschlossen fahren wir in diese Richtung, weil es dort wohl auch einen schönen Strand gibt. Und tatsächlich, der Strand ist super schön!


Am Ende kommen wir rechtzeitig bei der Fähre an, werden aber so ziemlich als Letzte am Zoll durchgelassen. Der Zollbeamte hatte gute Laune und hat lautstark gesungen. Das klang sogar echt gut...und wahrscheinlich wollte er Feierabend, Blick in die Pässe und durch gehts, ab aufs Schiff. Aber hey, die Letzten werden die Ersten sein! Bei der Ankunft müssen wir ja als Erste raus, also alles richtig gemacht. Diesmal sind wir nicht auf dem untersten Deck, sondern auf Deck 8 untergebracht, wo man den Seegang deutlich merkt. Aber die Kinder schlafen wie die Murmeltiere, weil es so schön schaukelt.
Letztendlich schaue ich mit etwas Wehmut nach Schottland zurück. Auf ein Land mit einer unverwechselbaren, zauberhaften Landschaft, auf die kleinen, liebenswerten „Marotten“, wie zwei Wasserhähne an den Waschbecken – einen für kaltes, einen für warmes Wasser. In Zeiten von Einhebelmischbatterien wirkt das irgendwie schrullig, aber genau das macht den Charme aus. Ein Land, wo ab zweistelligem Temperaturbereich der „Sommerbefehl“ gilt – die Schotten scheinen nicht zu frieren! Bei 10-12 Grad sieht man Kinder in Badesachen am Strand, Männer in kurzärmeligen Hemden und Frauen in Sommerkleidern flanieren, als wäre es der heißeste Tag des Jahres. Ein Land, wo mir auch das Bier schmeckt – nicht so stark und nicht so bitter, sondern angenehm süffig, perfekt für gesellige Abende in einem der vielen Pubs. Und ein Land, das durch die Begegnung mit seinen herzlichen Menschen immer im Herzen bleibt. Diese Menschen, die mit einem Lächeln und einem „How are ye?“ die Straßen beleben, die Geschichten erzählen, als wären sie alte Freunde, und die einem das Gefühl geben, dass man immer willkommen ist. Schottland, du hast mir nicht nur deine atemberaubenden Landschaften und köstlichen Speisen geschenkt, sondern auch Erinnerungen, die wie die Melodien deiner traditionellen Musik in meinem Herzen weiterklingen werden. Ich verlasse dich mit einem Rucksack voller Souvenirs und einem Kopf voller Geschichten, und ich weiß, dass ich eines Tages zurückkehren werde – denn ein Stück von mir bleibt hier, zwischen den sanften Hügeln und den schimmernden Seen. Bis zum nächsten Mal, du zauberhaftes Land!

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